
Aljoscha Pause kommt gerade aus Spanien zurück. „Tom meets Zizou“, sein Film über Thomas Broich, der in der Bundesliga scheiterte und in Australien zum Helden wurde, ist auf einem Film-Festival in Bilbao gezeigt worden. Inzwischen gibt es die gefeierte Langzeit-Dokumentation in einer deutschen, englischen, polnischen, spanischen und portugiesischen Version. Und während der Film auch noch zwei Jahre nach der Uraufführung mit Preisen überschüttet wird, hat Pause still und heimlich einen neuen Fußball-Film gedreht.
Pause sitzt in einem kleinen Kellerzimmer in seinem Haus in Bonn-Ippendorf. Vor ihm stehen drei Bildschirme, eine Tastatur mit bunten Knöpfen und ein Mischpult. Die letzten Szenen von „Trainer!“ wurden erst vor wenigen Tagen abgedreht, das Filmende ist noch nicht geschnitten. Pause wirkt entspannt, obwohl die zweieinhalbstündige DVD-Fassung morgen fertig sein muss. Danach wird der komplette Film auf eine 90-minütige Fernsehversion gekürzt. Etwas mehr als eine Woche bleibt ihm nur noch, bevor der WDR die Erstausstrahlung zeigt.
„Profi-Trainer stehen permanent im Fokus“
Es liegt so nahe: Nachdem sich Pause bei seinem letzten Film intensiv mit dem Beruf des Fußballprofis beschäftigt hatte, legt er den Fokus jetzt auf die Trainerbranche. „Profi-Trainer stehen permanent im Fokus, werden von der Öffentlichkeit ständig beurteilt. Ich wollte mich deshalb diesem Beruf annähren“, so der Regisseur, Produzent und Autor in Personalunion. Über eine Saison lang hat er drei Trainer mit der Kamera begleitet, hat sie dutzende Male besucht. Acht Terabyte Rohmaterial hat sich im Laufe des Jahres auf seinen Festplatten angesammelt. Da staunte auch Steffen Simon nicht schlecht, der erst vor einigen Tagen zu Besuch war und das Projekt redaktionell betreut.
Die Protagonisten sollten ursprünglich jeweils aus einer der drei oberen deutschen Ligen kommen. Mehrere Bundesligatrainer zeigten sich dem Projekt gegenüber aufgeschlossen. Als Thomas Schaaf nach einem langen Gespräch schon fast zugesagt hätte, schob ihm Klaus Allofs in letzter Sekunde noch den Riegel vor. „Im Nachhinein war das auch gut so“, sagt Pause. Ob dem Filmemacher die Türen bei Werder Bremen während der abgelaufenen Saison noch offen gestanden hätten, als das Abstiegsgespenst grüßte, der Manager nach Wolfsburg flüchtete und am Stuhl des ewigen Trainers gesägt wurde, ist mehr als fraglich. Stattdessen kommen die großen Namen der Branche wie Jürgen Klopp, Armin Veh, Hans Meyer, Peter Neururer oder auch Thomas Schaaf immer wieder in ergänzenden Interviews zu Wort.
Seine Hauptrollen hat Pause schließlich mit Frank Schmidt vom FC Heidenheim, André Schubert vom FC St. Pauli und Stephan Schmidt vom SC Paderborn besetzt. In einem vierten Handlungsstrang geht es um Frank Wormuth, den Leiter der Fußballlehrerausbildung in Hennef, bei der Arbeit mit seinem aktuellen Absolventen-Jahrgang. Es werden aber nicht etwa die Geheimnisse der Vierkette, der falschen Neun oder der abkippenden Sechs erklärt, vielmehr taucht „Trainer!“ unverblümt und völlig wertfrei in den Alltag der Profi-Trainer ein, lässt Bilder und Zitate für sich sprechen, ganz ohne Kommentare aus dem Off. So erzeugt der Film eine bis dato noch nicht bekannte Nähe zur Trainerbranche. Und genau das ist die große Stärke.
Pause ist mit der Kamera immer ganz nah dabei: vor dem Spiel in der Kabine, während der Halbzeitansprache und nach dem Schlusspfiff, bei Einzelgesprächen mit Spielern und dem Mannschaftsrat. Er hat die Übungsleiter selbst während des Spiels mit Mikrofonen verkabelt. Der Held des Films – das wird schnell klar – ist Heidenheims Frank Schmidt. Als eine Mischung aus Fußballlehrer, Motivator und schwäbischem Energiebündel, liegt der Vergleich zu Jürgen Klopp so nahe und es würde nicht wundern, wenn sein Name bald nach dem Film bei diversen Bundesligisten gehandelt wird. Wenn Schmidt seine Spieler an der Seitenlinie am Kragen packt, um ihnen bei einem Sieg zwei Tage Urlaub zu versprechen oder mit leuchtenden Augen erzählt, dass er selbst seine Kinder nicht beim Mau-Mau gewinnen lassen kann, sind die großen Momente von „Trainer!“ erreicht.
Der Film zeigt aber auch schonungslos die Schattenseiten des Trainerdaseins auf. Bis zu 90 Arbeitstunden pro Woche, die Familie in weiter Ferne, die Presse im Nacken: Noch nie wurde so deutlich, welchen Verlust an Lebensqualität der vermeintliche Traumjob mit sich bringen kann. André Schubert, im September beim FC St. Pauli entlassen, findet sich bereits in der Mitte des Films in der Arbeitslosigkeit wieder. Und der junge Stephan Schmidt muss während seiner ersten Saison als Bundesligatrainer gleich Hahnenkämpfe mit dem eigenen Präsidium austragen. „Es war von vornherein abgesprochen, dass uns die Trainer auch in Krisenzeiten zur Verfügung stehen“, sagt Pause.
„Manchmal passen sich die Sounds sogar der Flugbahn eines Balles an“
In seinem Wohnzimmer in Bonn hatte sich bis vor kurzem noch Roland Meyer de Voltaire einquartiert. Im Gepäck: ein Keyboard und eine E‑Gitarre. Wie auch schon bei „Tom meets Zizou“ ist er für die Filmmusik verantwortlich. Und während Pause den Film abspielte, komponierte Meyer de Voltaire die musikalischen Themen. „Manchmal passen sich die Sounds sogar der Flugbahn eines Balles an“, schwärmt Pause von der Zusammenarbeit.
Jetzt muss die Musik noch final angepasst werden. Und während Pause mit seiner Cutterin die letzten Szenen zusammen schneidet, klingelt das Telefon. Am anderen Ende ist André Schubert. Die Arbeitslosigkeit könnte bald schon beendet sein. Aljoscha Pause wird die Wendung wohl nicht mehr in seinem Film unterbringen können.
„Trainer!“ wird erstmals in einer gekürzten Fassung am 3. Juni 2013 im WDR (22.45 Uhr) gezeigt. Ab dem 11. Juni läuft der Film dann im Directors-Cut in ausgewählten Kinos. Die DVD mit etlichem Bonusmaterial ist ab dem 28. Juni 2013 im Handel erhältlich. Inhaber der 11FREUNDE Dauerkarte können die DVD gewinnen, wenn sie an der Dauerkartenaktion teilnehmen. Einfach unter 11freunde.de/dauerkarte registrieren und teilnehmen.
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